Information des AHO [Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honoraranordnung e.V.]: Abrufzeitpunkt bestimmt anzuwendende Honorarordnung!

Am 18. Dezember 2014 hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs über die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, welche HOAI-Fassung bei stufen- oder phasenweiser Beauftragung von Ingenieur- und Architektenleistungen auf die nach dem Abruf noch zu erbringenden Leistungen Anwendung findet, dahingehend entschieden, dass der Abrufzeitpunkt die anzuwendende Honorarordnung bestimmt (Az. VII ZR 350/13). Der Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgangsvertrags ist nicht maßgebend. Damit bestätigt der BGH die Rechtsauffassung der beiden Vorinstanzen des OLG Koblenz (Urt. v. 06.12.2013 – 10 U 344/13) und LG Koblenz (Urt. v. 28.02.2013 – 4 O 103/12).

Entscheidend ist (…) allein der Zeitpunkt der Beauftragung der Leistungen und nicht der Zeitpunkt einer vorab getroffenen Honorarvereinbarung für später zu beauftragende Leistungen. Auch wenn die Parteien für den Fall der späteren Beauftragung schon konkrete Festlegungen zu den beabsichtigten Leistungen und zum hierfür geschuldeten Honorar getroffen haben, kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Ausgangsvertrages an, sondern darauf, wann der Vertrag über die weiteren Leistungen letztlich geschlossen wird.“, so der BGH in dem gestern veröffentlichten Urteil.

In seiner Entscheidung berücksichtigt der BGH historische und systematische Gesichtspunkte und nimmt zudem folgende Bewertung nach dem Sinn und Zweck der Regelung der HOAI vor:

Die HOAI enthält für die in ihren Anwendungsbereich fallenden Architekten- und Ingenieurleistungen öffentlich-rechtliches zwingendes Preisrecht. Mit der Festlegung von Mindestsätzen soll den Architekten und Ingenieuren ein auskömmliches Honorar gesichert und auf diese Weise die Qualität der Architekten- und Ingenieurleistungen durch Verhinderung eines ruinösen Preiswettbewerbs gewährleistet werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2014 – VII ZR 164/13, BGHZ 201, 32 Rn. 16 m.w.N.). Wenn der Verordnungsgeber nach Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Tafelwerte zur Erreichung dieses Ziels angehoben werden müssen, ist es nicht sinn- und zweckwidrig, das neue Preisrecht für alle nach Inkrafttreten geschlossenen Verträge umzusetzen. Gleiches gilt im Hinblick auf den mit der Einführung der HOAI (2009) verbundenen weiteren Zweck, durch stärkere Abkoppelung der Honorare von den tatsächlichen Baukosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI [2009] – Kostenberechnungsmodell) und Aufnahme neuer kostensparender Anreize eine weitere Begrenzung der Baukosten zu erreichen.“

Schließlich befasst er sich auch mit den Regelungen des Vergabe- und Europarechts:

Entgegen der Auffassung der Revision führen auch das für öffentliche Auftraggeber geltende Vergaberecht oder die dem zugrunde liegenden europäischen Richtlinien zu keiner anderen Beurteilung. Soweit der Anwendungsbereich der HOAI eröffnet ist, erkennen diese Vorschriften vielmehr den zwingenden Charakter des Preisrechts als vorrangig an (…). So ist gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 VOF (2006) bei der Auftragserteilung der Preis im Anwendungsbereich der HOAI nur in dem dort vorgesehenen Gebührenrahmen zu berücksichtigen. Aus der nachfolgenden Fassung der VOF, vgl. § 11 Abs. 5 Satz 3 VOF (2009), sowie aus der von der Revision in Bezug genommenen, derzeit noch nicht umgesetzten Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG – 2014/24/EU (…), vgl. Art. 67 Abs. 1, ergibt sich nichts anderes.“

Die Entscheidung betrifft zwar die HOAI 2009. Angesichts der Wortgleichheit der Übergangsregelung in § 57 HOAI 2013 ist die Rechtsauffassung des BGH entsprechend übertragbar.

Die Entscheidung des BGH im Wortlaut finden Sie unter ibr-online.de, IBRRS 2015, 0142.